Der Frege-Preis im Lichte der antisemitischen Äußerungen seines Namensgebers
Von Mitgliedern der GAP wurde an das Präsidium die Bitte herangetragen, den Namenspatron des Frege-Preises angesichts dessen antisemitischer Äußerungen in seinen posthum veröffentlichten Tagebüchern zu überdenken. Unten stellen wir Ihnen Links zu den zentralen Dokumenten und die wichtigsten Informationen zusammen.
Das GAP-Präsidium und der gesamte Vorstand der GAP sahen sich in der Verantwortung, dieser wichtigen und zugleich sensiblen Angelegenheit nachzugehen und die Argumente für und wider eine mögliche Umbenennung des »Frege-Preises« in einem rationalen Diskurs abzuwägen.
Initialer Workshop
In einem ersten Schritt haben daher die beiden GAP-Präsident:innen am 2. August 2024 einen Workshop in Bonn veranstaltet, in dem mit Philosoph:innen sowie Kolleg:innen aus der Antisemitismusforschung darüber debattiert wurde, ob eine Umbenennung des Preises notwendig bzw. sinnvoll ist oder, wie andere meinen, eine Überreaktion wäre.
- Vortragsmitschnitte vom Workshop auf dem GAP-YouTube-Kanal
Mitgliederbefragung (Laufzeit: 26. Februar – 31. März 2025)
In einer ersten Runde haben wir unsere Mitglieder zu einer möglichen Umbenennung des Frege-Preises befragt.
Die Abstimmungsergebnisse, Kommentare und auch alle Namensvorschläge, die bei uns eingegangen sind, haben wir allen Mitgliedern anonymisiert und vertraulich zukommen lassen.
- Eine Zusammenfassung dieser Argumente und eine Auswahl an Namensvorschlägen finden Sie hier.
Mitgliederabstimmung (Laufzeit: 30. April – 30. Mai 2025)
Die Mitglieder der GAP haben nach sorgfältiger Abwägung aller Argumente in einer Online-Abstimmung dafür gestimmt, den Namen des Preises beizubehalten.
- Die Statistik dieser Abstimmung ist hier abrufbar.
Selbstverständnis der GAP
Die GAP versteht sich als eine Gemeinschaft, die nicht nur das analytische Philosophieren fördert, sondern auch gesellschaftliche Verantwortung ernst nimmt. Die antisemitischen, nationalistischen und antidemokratischen Äußerungen in Freges Tagebucheinträgen stehen im klaren Widerspruch zu den Werten der GAP.
Die Beibehaltung des Namens „Frege-Preis“ kann daher nur insofern gerechtfertigt werden, als keine unmittelbare Verbindung zwischen diesen problematischen Ansichten Freges und seinem philosophischen Werk besteht – einem Werk, das die Entwicklung der analytischen Philosophie in Deutschland und weltweit maßgeblich geprägt hat.
Freges bedeutende und einflussreiche philosophische Beiträge sollen auch weiterhin gelehrt und erforscht werden. Dabei darf seine antisemitische Haltung, wie sie in den Tagebucheinträgen deutlich wird, nicht ausgeblendet werden.
Die Auseinandersetzung innerhalb der GAP um den „Frege-Preis“ wird in dieser Dokumentation transparent gemacht. Denn Transparenz sowie eine lebendige, fortdauernde Diskussion sind für die philosophische Gemeinschaft wichtiger als das Ergebnis einer einzelnen Befragung oder Abstimmung.
In diesem Sinne laden wir dazu ein, neue Erkenntnisse, die es eventuell zu Frege geben wird, mit uns zu teilen. Wenn Sie ein wichtiges Argument nicht in unserer Zusammenfassung finden, teilen Sie uns auch das bitte mit.
Kurzinformation zu Freges politischem Tagebuch (1924)
Gottlob Frege hat kurz vor seinem Tod in tagebuchartigen Aufzeichnungen vom 10. März bis 09. Mai 1924 u.a. seine monarchistische, anti-demokratische und deutsch-nationale Gesinnung zum Ausdruck gebracht. In diesen Tagebucheinträgen finden sich zudem antisemitische Passagen sowie zustimmende Äußerungen zu den politischen Auffassungen von Erich Ludendorff, einem der Hauptvertreter der verschwörungstheoretischen »Dolchstoßlegende«, der zu Freges Zeiten führendes Mitglied der rechtsradikalen »Deutschvölkischen Freiheitspartei« war und sich 1923 am »Hitler-Putsch« beteiligte. Diese später als »politisches Tagebuch« bezeichneten Aufzeichnungen wurden spätestens seit Ihrer Veröffentlichung im Jahr 1994 in der Deutschen Zeitschrift für Philosophie (Berlin 42 (1994) 6, 1057–1066) einem breiteren Publikum bekannt.
- Zu den Tagebucheintragungen
- Ausschnitt aus Ludendorff
- Einstiegsfolien zum oben genannten Workshop, u.a. mit Zitaten aus Freges Tagebüchern, Infos zur Genese des Preises in der GAP
- Zusammenfassung der Pro- und Kontra-Argumente der GAP-Mitglieder
- Statistik der Abstimmung